Hanau-Gedenken
17. Februar 2022
2 Jahre Hanau – noch immer keine Aufklärung!
Vor zwei Jahren wurden in Hanau neun Menschen durch einen rassistischen Anschlag ermordet: Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu.
Heute müssen wir immer noch zusehen, wie die Rechtsentwicklung voranschreitet – ganz vorne dabei sind Politiker*innen wie Maaßen, Seehofer, Höcke und Weidel. Statt sich gegen rassistisches Gedankengut zu stellen, aufzuklären und die sozialen Ursachen dahinter zu bekämpfen, verbreiten Medien wie die BILD und RTL Hass und Hetze, was zum Erstarken der Rechten, zu Rassismus und Menschenfeindlichkeit beiträgt. Auch die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, die staatlich untermauerten Repressionen des NSU 2.0, der Terror in Halle und der rechtsterroristische Anschlag in Hanau zeigen, dass rechte Attentate noch lange nicht der Vergangenheit angehören. Der NSU-Prozess hat die Fragezeichen um den NSU-Komplex nicht aufgelöst. Im Gegenteil: Die Theorie vom Tätertrio wurde starr beibehalten statt des gesamten Netzwerks dahinter zu durchleuchten. Im Zusammenhang mit Halle und Hanau wird erneut von Einzelfällen gesprochen. Das ist schon in Anbetracht der Häufigkeit von rechten Anschlägen absolut absurd und nicht hinnehmbar. Die versprochene Aufarbeitung und Unterstützung der Angehörigen durch die Behörden wurden nicht eingehalten. Fehlverhalten der Sicherheitskräfte, Schludrigkeit bei der Justiz und Polizei in den Ermittlungen reihen sich damit im roten Faden ein, die Nichterreichbarkeit des polizeilichen Notrufs, die verspätete Stürmung des Täterhauses, die Fragen nach der Rolle rassistischer SEK-Polizisten in Hanau bis hin zur verschlossenen Notausgangstür in der Tatnacht auf staatliche Anordnung wegen rassistisch begründeter „Fluchtgefahr“ bei Razzien in Shisha-Bars. All dies ist Gegenstand im aktuell laufenden Untersuchungsausschuss zu Hanau, bei der die Versäumnisse der Sicherheitsbehörden adressiert werden sollen. Der Weg zum Untersuchungsausschuss, welcher die rassistischen Morde politisch aufarbeiten soll, wurde vor allem durch den Druck und durch das unermüdliche Kämpfen der Angehörigen der Opfer vorangetrieben. Hier fehlt es klar an Verantwortungsübernahme und staatlicher Unterstützung.
Wir müssen Rassismus effektiv bekämpfen, auch in Marburg!
Sei es im Betrieb, in der Schule, in der Uni oder im Stadtteil. Jedoch nicht losgelöst von gesellschaftlichen Entwicklungen, um die genauen Ursachen des Problems benennen zu können. Denn nur so können wir aufzeigen, dass nicht Menschen mit Migrationshintergrund oder Geflüchtete die Verantwortlichen des Problems sind, sondern die neoliberale Politik. Diese trägt dazu bei, dass arbeitende Menschen immer mehr in den Abgrund gezerrt werden und die rechten Parteien diesen Nährboden für sich nutzen, um noch weiter zu spalten. So ist es kein Zufall, dass häufig an den Lahntreppen mit repressive Polizeimitteln gehandelt wird. Deshalb ist es wichtig die sozialen und ökonomischen Probleme der Menschen in unserer Stadt Marburg aufzugreifen. Sei es die Wohnungsfrage, die Arbeitsbedingungen und schlechte Versorgung von Menschen im privatisierten Uniklinikum, die schwierigen Hürden um Bafög zu beziehen, sowie die schlechten Lehrbedingungen als Folge der Kürzungen an vielen Fachbereichen der Universität.
Das gemeinsame Kämpfe Früchte tragen können, dies haben wir am 1. Jahrestag bewiesen, mit der Enthüllung des Mahnmals „Memoria – für alle Opfer von rechtem Terror seit 1990“. Auch wenn das Mahnmal vom Stadtparlament offiziell anerkannt wurde, geht der politische Kampf hier noch weiter. Denn wir stehen noch immer dazu, der Friedrichsplatz ist der politisch geeignetste Ort für das Mahnmal und dafür werden wir weiterhin kämpfen. Darüber hinaus brauchen wir freie Entfaltungsmöglichkeiten der fortschrittlichen und demokratischen Kräfte in Marburg, die besonders in Zeiten der Pandemie immer weniger Betätigungsräume erhalten.