Glossar Stadtrundgang

Glossar

1. Mai

Der Tag der Arbeit bzw. der -> Arbeiter*innenbewegung. Er geht auf einen Aufruf der nordamerikanischen Arbeiter*innenbewegung aus dem Jahr 1886 zurück. Dort wurde zum Generalstreik zur Durchsetzung des Achtstundentags aufgerufen. Dieser Protest ging als „Haymarket Riot“ in die Geschichte ein und kostete mehrere Menschenleben. 1889 wurde der Tag zum Gedenk- und Kampftag der ->Arbeiter*innenbewegung durch den Kongress der Zweiten Internationalen (Weltweiter Zusammenschluss von Arbeiter*innenparteien und Gewerkschaften) ernannt. 1933 wurde der Tag gesetzlicher Feiertag, am nächsten Tag wurden die Gewerkschaftshäuser von den Nazis gestürmt und ihr Vermögen beschlagnahmt.

ADGB – Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund

Der ADGB war von Juli 1919 bis Mai 1933 der Dachverband der sozialdemokratisch orientierten Gewerkschaften in Deutschland und die größte gewerkschaftliche Dachorganisation der Welt. In der Weimarer Republik war er eng mit der ->SPD verbunden. Er rief im März 1920 den Generalstreik aus, der den ->Kapp-Putsch zusammenbrechen ließ. In den späten Jahren der Weimarer Republik ging der ADGB in die Defensive und passte sich nach der Reichstagswahl vom 5. März 1933 der neuen Führung an. Er rief seine Mitglieder auch zum ->1. Mai auf, nachdem ihn die Nazis zum Feiertag machten. Das schützte die Gewerkschaften jedoch nicht vor ihrer Zerschlagung und der Verfolgung ihrer Mitglieder durch die Nationalsozialist*innen.

Anschlag auf Hitler am 20. Juli 1944

Sehr spät kam in den militärischen Kreisen des NS-Regimes der Gedanke des Widerstands gegen die nationalsozialistische Führung auf. Angesichts der Verluste und des Rückzugs der deutschen Armeen im Osten und Westen, verschworen sich deutsche Militärs um Claus v. Stauffenberg, die mit dem Kreisauer Kreis um Helmuth v. Moltke in Kontakt standen, zu einem Staatsstreich. Am 20. Juli sollte Stauffenberg Hitler in der Wolfsschanze mit einer Sprengladung töten, doch der Anschlag schlug fehl.

Anschlag in Halle

Am 9. Oktober 2019 versuchte der Rechtsextremist Stephan B. in Halle an der Saale schwer bewaffnet in eine Synagoge einzudringen. Nachdem er an der Tür scheiterte, tötete er zwei Menschen und verletzte bei seiner Flucht zwei weitere. Es wäre einer der schwersten antisemitischen Anschläge der Nachkriegsgeschichte geworden. Am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur hielt die Tür der Synagoge glücklicherweise den selbstgebastelten Sprengsätzen und Schüssen statt. Der Attentäter tötete daraufhin eine 40-jährige Passantin und einen 20-jährigen Mann in einem Dönerlokal und verletzte zwei weitere Menschen. (Quelle: https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/316638/der-anschlag-von-halle/)

Antifaschistsiche Aktion

1932 durch die KPD gegründet mit dem Ziel ->SPD und ->KPD in einem Kampfverband gegen die Faschist*innen zu organisieren. Die SPD lehnte eine Beteiligung weitestgehend ab. Das Logo der Antifaschistischen Aktion bestand aus zwei roten Fahnen, Symbol der beiden -> Arbeiter*innenparteien. Bis heute verwenden Antifaschist*innen dieses Symbol, zum großen Teil aber mit einer roten und einer schwarzen Fahne. Letztere steht für anarchistische Antifaschist*innen.

Antijudaismus

Bezeichnet die Feindschaft gegenüber Jüd*innen aus religiösen Motiven. Da Jüd*innen Jesus von Nazaret nicht als Messias und Sohn Gottes anerkennen, stellen sie das kirchliche „Wahrheitsmonopol“ schon durch ihr Dasein in Frage. Sie wurden daher seit dem 4. Jahrhundert im christlichen Europa rechtlich, sozial und ökonomisch benachteiligt, ausgegrenzt und (besonders im Hochmittelalter und in der frühen Neuzeit) oft verfolgt, vertrieben und vielfach ermordet. Dies rechtfertigten Christ*innen wiederum als „Strafe“ oder „Fluch Gottes“ für die angebliche „Verstockung“ oder „Gotteslästerung“ der Jüd*innen.

Antikommunismus

Bezeichnet die Unrechtmäßigkeit bzw. Kriminalisierung ->sozialistischer und ->kommunistischer Ideen. In schärfster Form fand sich dies im Faschismus durch Verbot und Verfolgung. In der BRD stand der Radikalenerlass und die damit einhergehenden ->Berufsverbote für Linke beispielhaft dafür. Es reichte zum Teil auf legalen Friedensdemonstrationen teilzunehmen, ein Flugblatt geschrieben zu haben oder Mitglied der legalen ->DKP zu sein, um aus dem öffentlichen Dienst entfernt zu werden (oder nicht eingestellt zu werden). In der BRD wurde er von ->SPD bis Rechtsaußen unterstützt und galt als Staatsdoktrin. Später bezeichnete Willy Brandt den Radikalenerlass als „kardinalen Fehler“.

Antikriegstag

Der Tag erinnert an den Überfall der Nazis auf Polen am 1. September 1939. In der sowjetischen Besatzungszone wurde der Tag erstmals 1946 begangen. In der BRD ging die Initiative vom ->DGB aus. Der Tag wurde 1957 unter dem Motto „Nie wieder Krieg“ begangen.

Arbeiter*innen und Soldatenräte

Mit dem Kieler Matrosenaufstand breitete sich die Revolution mit Kriegsende 1918 in ganz Deutschland aus. Er richtete sich gegen den selbstmörderischen Flottenbefehl der deutschen Marineleitung vom 24. Oktober 1918 eine letzte sinnlose Schlacht zu führen. Arbeiter*innen- und Soldatenräte, die aus der ->SPD und USPD (linke Abspaltung der SPD) kamen, bildeten basisdemokratische Selbstverwaltungsorgane nach dem Vorbild der Sowjets. Sie sollten den 1. Weltkrieg beenden und die Monarchie stürzen.

Arbeiter*innenbewegung

Die Arbeiter*innenbewegung entstand mit der Industrialisierung. Waren zuvor die allermeisten Menschen in der Landwirtschaft tätig, verschob sich dieses Verhältnis zunehmend zugunsten der Arbeiter*innen in Fabriken. Sie organisierten sich in Gewerkschaften und ->Arbeiter*innenparteien und vernetzten sich in diesen Organisationen auch international. Mit Beginn des 1. Weltkriegs spaltete sich die Bewegung in einen ->kommunistischen und ->sozialdemokratischen Flügel, die sich im 20. Jahrhundert gegenseitig bekämpften.

Arbeiter*innenparteien

->SPD und ->KPD.

Arierparagraph

->Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums.

Arisierung

Die zwangsweise Enteignung jüdischen Besitzes und der erzwungene Verkauf für eine oftmals extrem niedrige Summe an als „arisch“ eingestufte Geschäftsleute.

„Asoziale“ im NS-Staat

NS-Sprachgebrauch für Individuen und Gruppen, die aus NS-Sicht unwillig oder unfähig zur Einordnung in die Gemeinschaft waren. Sie wurden als „Schädlinge“ und „unnütze Esser“ etikettiert und gehörten häufig der Unterschicht an. Betroffen waren u.a. Obdachlose, Wanderarbeiter*innen und Alkoholiker*innen.

Asylrechtsverschärfungen/„Asylkompromiss“

Von ->CDU/CSU und ->SPD 1992 vereinbarte Neuregelung des Asylrechts. Die Möglichkeiten Asyl zu bekommen wurden eingeschränkt und die Bezüge gesenkt. Es wurden „sichere Herkunftsstaaten“ definiert und das Recht auf Asyl verwehrt, wenn Geflüchtete über Deutschland umgebende Staaten einreisten, was eine legale Einreise quasi unmöglich machte.

Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen

Zwischen dem 22. und 25. August 1992 attackierten ca. 1.000 Neonazis im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen eine Unterkunft überwiegend vietnamesischer Asylbewerber*innen. Dabei wurden Steine und Molotowcocktails gegen das Haus geworfen und das Haus schließlich angezündet. Den eingeschlossenen Familien gelang die Flucht über die Dächer, nachdem die Polizei nicht in der Lage war, ihnen zu helfen. Rostock-Lichtenhagen gilt als erstes Pogrom im wiedervereinigten Deutschland.

Bekennende Kirche

Eine Oppositionsbewegung evangelischer Christ*innen gegen die Gleichschaltungsversuche der Nationalsozialist*innen. Sie wurde Ende Mai 1934 während der Barmer Bekenntnissynode gegründet. Ihr schlossen sich etwa ein Drittel aller evangelischen Pfarrer an, die sich, wie zuvor schon im ->Pfarrernotbund, gegen die Einführung des sogenannten Arierparagraphen und den völkisch-rassischen Einfluss in der Evangelischen Kirche stellten. Bekanntester Vertreter war der Theologe Dietrich Bonhoeffer. Er war beteiligt an der Planung des missglückten Attentats auf Hitler, das Fabian von Schlabrendorff am 13. März 1943 zu verüben versuchte und Mitwisser des ebenfalls gescheiterten ->Anschlags auf Hitler vom 20. Juli 1944.

Berufsverbote

->Antikommunismus.

Boxeraufstand

Die Boxer waren eine antiimperialistische Bewegung, die sich gegen die Ausbeutung der heimischen Ressource durch europäische, US-amerikanische und japanische Kolonialherren wehrte. „Boxer“ ist dabei die Fremdbezeichnung für die „Bewegung der Verbände für Gerechtigkeit und Harmonie“, die ihnen wegen der traditionellen Kampfausbildung durch die Kolonialherren gegeben wurde.

Boykottaktion jüdischer Geschäfte 1933

Die als „Judenboykott“ bezeichnete Boykottaktion jüdischer Geschäfte, Warenhäuser, Banken, Arztpraxen und Kanzleien wurden am 1. April 1933 in ganz Deutschland durchgeführt. Am 4. April wurde die Aktion jedoch für beendet erklärt, zumal sie ihre Wirkung durch die Passivität der Bevölkerung nicht erzielen konnte. So kam es vermehrt zu Gesten der Solidarität, insbesondere in katholischen Bevölkerungskreisen.

Brandanschläge von Mölln

Neonazis ermordeten 1992 in Mölln (Schleswig-Holstein) drei Menschen. Dies war der erste rassistische Anschlag im wiedervereinten Deutschland. Dabei starben drei Türkinnen durch Brandsätze, die von zwei Neonazis auf ein Wohnhaus geworfen wurden. Die Opfer waren die Yeliz Arslan (10), Ayse Yilmaz (14) und Bahide Arslan (51).

Bücherverbrennungen

Von März bis Oktober 1933 fanden durch die NSDAP geplante Bücherverbrennungen im gesamten Deutschen Reich statt. Sie waren der Höhepunkt der „Aktion gegen den undeutschen Geist“. Verbrannt wurden die Werke jüdischer, pazifistischer, oppositioneller und marxistischer Schriftsteller*innen.

Burschenschaften

->Verbindungen/Korporationen/Burschenschaften.

CDU/CSU – Christlich Demokratische Union/Christlich Soziale Union

Die Partei wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet. Zu Beginn dominierten antimaterialistische Programme (Naheim-Hüstener Programm) und Ideen eines christlichen Sozialismus (Ahlener Programm). Dadurch fühlten sich einige Nazis abgeschreckt und suchten politische Folgekarrieren oftmals in der ->LDP (die spätere FDP). 1949 korrigierten CDU/CSU ihren Kurs und verteidigten in den Düsseldorfer Leitsätzen die kapitalistische Wirtschaftsordnung.

Deutsche Burschenschaft

Korporationsverband, der 1881 entstand. Sie führt sich zurück auf die Ideen, die mit der Gründung der Urburschenschaft in Jena 1815 verbunden waren. Nach heftigen Richtungskämpfen aufgrund der dominanter auftretenden faschistischen Burschenschaften kam es zu einer Austrittswelle. Sie umfasst heute nur noch 67 Mitgliedsverbindungen, etwas mehr als die Hälfte der Mitgliedsverbindungen von 2008. Bereits 1996 entstand im Streit um Pflichtmensuren (Fechtkampf), die Aufnahme ausländischer Studierenden sowie u.a. die Aufnahme von Kriegsdienstverweigerern der Dachverband „Neue Deutschen Burschenschaft“, der heute lediglich 8 Mitgliedsverbindungen hat.

Deutsche Christen

Glaubensbewegung, die 1932 gegründet wurde und das Führerprinzip sowie rassistische Elemente in ihre Kirchengemeinschaft übertrug. Sie setzte sich für die Loslösung der evangelischen Kirche von jüdischen Wurzeln ein. Auch wenn der Großteil der Landeskirchen mit der Unterstützung des nationalsozialistischen Regimes in die Hände der Deutschen Christen geriet, standen ihren 2.000 Mitgliedern etwa 7.000 Pfarrer der ->Bekennenden Kirche gegenüber.

Deutsche Demokratische Partei (DDP)

Linksliberale Partei der Weimarer Republik. Sie war bei fast allen Reichsregierungen beteiligt und befürwortete die Weimarer Republik. Aufgrund ihrer Wirtschaftsnähe wurde sie von der NSDAP als „Judenpartei“ propagandistisch bekämpft. Später vereinigte sie sich mit der antisemitischen Volksnationalen Reichsvereinigung zur ->Deutschen Staatspartei.

Deutsche Staatspartei

Hervorgegangen aus der Vereinigung der ->Deutschen Demokratischen Partei (DDP) mit der völkischen und antisemitischen Volksnationalen Reichsvereinigung. Die Partei behielt den Namen auch bei nachdem der rechte Flügel die Partei kurz darauf verließ. 1933 wurde die Partei im Rahmen der ->Gleichschaltung aufgelöst.

DGB – Deutscher Gewerkschaftsbund

Der Deutsche Gewerkschaftsbund gründete sich am 13. Oktober 1949 in München. Im Gegensatz zum ->ADGB ist der DGB eine Einheitsgewerkschaft. Das war eine direkte Lehre aus der Erfahrung der ->Arbeiter*innenbewegung im Faschismus, wo es den ->Arbeiter*innenparteien nicht gelang eine Einheitsfront gegen die Nazis zu organisieren. Deshalb sind heute ->Kommunist*innen, ->Sozialdemokrat*innen, Christliche und andere Menschen unter einem gewerkschaftlichen Dach vereint. Dennoch stand der DGB bis in die 2000er Jahre der ->SPD besonders nahe.

DKP – Deutsche Kommunistische Partei

Die Partei wurde 1968 in der BRD gegründet. Sie gilt als Nachfolgeorganisation der 1956 verbotenen ->KPD.

Dolchstoßlegende

Die Unwahrheit, wonach der 1. Weltkrieg deshalb verloren ging, weil die ->Arbeiter*innenbewegung die Unterstützung vorenthielt oder aktiv gegen die Armee vorging. Gezielt verbreiteten Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff in den Jahren nach 1918 das Bild eines an der Front unbesiegten Heeres, dem die Heimat durch Friedensinitiativen, linke/jüdische politische Agitation, Streiks und Sabotagen in den Rücken gefallen sei. In dieser Legende verhandelte auch das Parlament gegen den Willen des unbesiegten Militärs hinterhältig einen Frieden. Tatsächlich war der 1. Weltkrieg militärisch längst verloren.

Eiserne Front

Im Dezember 1931 schließen sich ->Sozialdemokrat*innen, ->Freie Gewerkschaften, ->Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und Arbeitersportvereine zur Eisernen Front zusammen. Ihr Ziel war die „Überwindung der faschistischen Gefahr“. Noch am 19. Februar 1933 demonstrieren mehrere zehntausend Menschen gegen die Nationalsozialist*innen. Ihr Tun richtete sich allerdings nicht nur gegen Nazis, sondern auch gegen ->Kommunist*innen, die einige Mitglieder mit den Nazis gleichstellten. Ihr Symbol mit drei Pfeilen richtet sich dementsprechend gegen Monarchist*innen, Nationalsozialist*innen und Kommunist*innen.

Entnazifizierung

Bezeichnet die ab Juli 1945 umgesetzte Politik, Gesellschaft, Kultur, Presse, Ökonomie, Justiz und Politik von allen nationalsozialistischen Einflüssen zu befreien. Das umfasste die Verfolgung von Kriegsverbrecher*innen. Dabei gingen die Besatzungsmächte sehr unterschiedlich vor. In den westlichen Besatzungszonen kam die Hälfte der Verdächtigen wieder frei, in der sowjetischen Zone nur 12 %. Dementsprechend verließen viele Nazis die sowjetische Besatzungszone. In der BRD konnten so wesentlich mehr Nazis erneut Karriere machen als in der DDR. So war z.B. Hans Globke, Mitverfasser der Nürnberger Rassengesetze, Chef des Bundeskanzleramts unter Bundeskanzler Konrad Adenauer.

FDP

Viele ehemalige Anhänger*innen der NSDAP wählten nach dem 2. Weltkrieg Vorgängerparteien der FDP. Die ->CDU hatte sich kurz nach dem Krieg in ihrem Ahlener Programm links positioniert und hatte sogar die Überwindung des Kapitalismus als Ziel, was Rechte abschreckte. 1948 wurde die FDP gegründet. 1952 versuchte der Naumann-Kreis die FDP zu unterwandern. Werner Naumann war der letzte Staatsekretär des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels. Der Kreis war ein nationalsozialistischer Geheimbund. Einige Mitglieder wurden 1953 durch britische Besatzungsbehörden verhaftet.

Freier Gewerkschaftsbund Hessen

Nach dem 2. Weltkrieg vereinten sich die vormals gespaltenen ->Sozialdemokrat*innen, ->Kommunist*innen und Christlichen unter dem Dach des Freien Gewerkschaftsbunds. Dies war eine der Lehren, die aus dem Faschismus gezogen wurde, denn die gespaltene ->Arbeiter*innenbewegung konnte ihre Differenzen nicht zum Kampf gegen den Faschismus überwinden. In der BRD wurde der FDGB 1949 vom ->Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) abgelöst, in der DDR blieb der FDGB bestehen.

Friedensbewegung

In der Nachkriegszeit wuchs die deutsche Friedensbewegung stark an. Zum einen aus der Verantwortung aus der faschistischen Vergangenheit, zum anderen aus der Erkenntnis, dass der nächste Weltkrieg definitiv auf deutschem Boden ausgetragen würde. Die Bewegung wuchs bis in die 1980er Jahre, als im Bonner Hofgarten 500.000 Menschen gegen die Stationierung von Atomraketen und die Blockkonfrontation demonstrierten. Eine Zahl, die erst 2003 in Berlin, anlässlich des Irak-Kriegs wieder erreichte werden konnte. In der Friedensbewegung waren insbesondere Gewerkschafter*innen, ->Kommunist*innen und ->Sozialdemokrat*innen engagiert.

Gleichschaltung

Ausrichtung der Parteien, Verbände, Vereine und Medien auf die politischen Ziele der ->NSDAP. Viele Organisationen wurden verboten oder aufgelöst oder folgten dem Willen der Nazis durch Übernahme ihrer Symbole und Ideologie.

Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums

Erlaubte den Nazis ab dem 7. April 1933 jüdische und linke Beamt*innen aus dem Dienst zu entfernen. Entfernt wurden Beamt*innen, „die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“.

Gestapo – Geheime Staatspolizei

Die Geheime Staatspolizei diente als politische Polizei der Bekämpfung politischer Gegner*innen. Neben Anhänger*innen und Funktionär*innen der beiden ->Arbeiter*innenparteien betraf dies vor allem Jüd*innen, Sinti*zze und Rom*nja, Homosexuelle und vom NS-Staat als ->„Asoziale“ eingestufte. Sie war berüchtigt für ihre Foltermethoden und eine der Hauptverantwortlichen für ->Holocaust und ->Porajmos.

Ghetto

Bezeichnet ein abgesondertes Wohnviertel. Jüd*innen wurden historisch mehrfach gezwungen in Ghettos zu leben. Bereits 1555 verfügte der Papst den Ghettozwang für im Kirchenstaat lebende Jüd*innen. Während des 2. Weltkriegs wurden Ghettos für Jüd*innen in Polen und Tschechien errichtet. Das bekannteste war das Warschauer Ghetto, indem sich am 19. April 1943 der jüdische Widerstand mehrere Wochen erbitterte Gefechte mit der deutschen Besatzungsmacht lieferte aber unterlag. Die Ghettos dienten als Übergangsstationen vor dem Transport in die Vernichtungslager und waren geprägt von Unterernährung, Krankheit und Tod.

Herero und Nama

Die Herero und Nama wurden Opfer des ersten Genozids des 20. Jahrhunderts im heutigen Namibia. Damals war dieses Gebiet als „Deutsch-Südwestafrika“ Teil des deutschen Kolonialreichs. Unter Führung von Samuel Maharero bekämpften Herero und Nama die deutschen Kolonialherren. Sie wurden bei der Schlacht am Waterberg besiegt, jedoch konnten Überlebende in die wasserlose Omaheke-Wüste fliehen. Berüchtigt ist der Befehl des deutschen Schutztruppenchefs Lothar von Trotha: „Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen. Ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen.“ Zehntausende gehen in der Wüste zugrunde.

Hinrichtung Walter Lübckes

Am 1. Juni 2019 wird der CDU-Politiker Walter Lübcke durch einen Faschisten ermordet. Der erste faschistisch motivierte Mord an einem Politiker seit 1945. Der Täter gab ihn Lübcke wegen seiner Haltung in der Flüchtlingspolitik erschossen zu haben. Dabei ging es zumeist um einen Satz; gefallen war dieser im Oktober 2015, als Lübcke in Kassel Lohfelden mit Bürgern über eine geplante Unterbringung von Flüchtlingen diskutiert hatte.Rechtsradikale störten die Veranstaltung durch Zwischenrufe und Pfiffe. Lübcke trotzte den Anfeindungen, bedankte sich bei ehrenamtlichen Helfern und sagte an die Störer gerichtet: „Ich würde sagen, es lohnt sich, in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten.“ Lübcke weiter: „Und wer diese Werte nicht vertritt, der kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist.“ (https://www.tagesschau.de/inland/luebcke-159.html)

Hitlerjugend

Die NSDAP-Jugendorganisation. Der weibliche Zwei war der Bund Deutscher Mädel. Er diente der Nachwuchsgenerierung und Ausrichtung von Kindern und Jugendlichen auf die Erfordernisse des Kriegs.

Hitlerputsch

Am 8. und 9. November 1923 unternommener Putschversuch der NSDAP und Erich Ludendorffs. München entwickelte sich im Anschluss an die Niederschlagung der Münchner Räterepublik zu einer rechten Hochburg. Hitler wollte mit seinen Gefolgsleuten wie Benito Mussolini in Italien mit einem Marsch auf die Hauptstadt die Staatsgewalt übernehmen. Der Versuch die Berliner Reichsregierung von Rechts zu stürzen scheiterte, wie auch der ->Kapp-Putsch drei Jahre zuvor. Im Gegensatz zum ->Kapp-Putsch lag dies aber nicht am gesellschaftlichen Widerstand, sondern am Dilettantismus der Putschisten.

Holocaust

Die Bezeichnung „Holocaust“ ist seit den 1970er-Jahren international gebräuchlich. Als Bezeichnung für die Verfolgung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung durch die Nationalsozialisten wird „Holocaust“ in Großbritannien bereits während des Zweiten Weltkriegs verwendet. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich „Holocaust“ im angelsächsischen Sprachgebiet auch in der Geschichtswissenschaft durch. Ab 1979 wird der Begriff in Deutschland bekannt, insbesondere nach der Ausstrahlung der äußerst erfolgreichen TV-Serie „Holocaust – Die Geschichte der Familie Weiß“ im deutschen Fernsehen. Der Begriff „Holocaust“ wird von Jüd*innen teilweise abgelehnt. Sie empfinden die Bezeichnung „Holocaust“ als problematisch, weil das Wort in seiner biblischen Bedeutung eine religiöse, kultische Handlung meint. Der Holocaust im Nationalsozialismus war jedoch ein systematischer Massenmord. Von vielen Jüdinnen und Juden wird deshalb das Wort -> Shoah verwendet. (Quelle: https//www.demokratiewebstatt.at/thema/thema-holocaust-shoah/shoah-holocaust-churban-was-ist-damit-gemeint) .

Holocaustgedenktag – 27. Januar

Der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust (International Holocaust Remembrance Day) wurde am 27. Januar 2005 am 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee von den Vereinten Nationen eingeführt.

Horst-Wessel-Lied

Kampflied der ->SA, das später zur Parteihymne der NSDAP wurde. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialist*innen wurde es für gewöhnlich direkt im Anschluss an die erste Strophe des Deutschlandliedes als quasi-offizielle Nationalhymne gesungen. Die formelle Erhebung des Liedes zur Nationalhymne lehnte Adolf Hitler allerdings ab. Das Lied ist heute verboten.

IG Farben – Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG

Das Unternehmen bildete sich aus dem Zusammenschluss von acht Unternehmen, darunter BASF und Bayer. Durch ->Arisierungen vormals jüdischer Konkurrenten und die Ausbeutung einer großer Zahl Zwangsarbeiter*innen konnte die IG Farben expandieren. Sie errichtete mit dem KZ Auschwitz III Monowitz das erste privat finanzierte Konzentrationslager. 1952 wurde die IG Farben in elf eigenständige Unternehmen aufgeteilt.

Institut für Staatspolitik

Das Institut wurde 2000 gegründet und dient der neurechten Bildungsarbeit. Die Gründungsmitglieder stammen aus dem Umfeld der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Zu ihnen gehörte Götz Kubitschek. Er ist einer der zentralen Köpfe des neofaschistischen Netzwerks um Identitäre Bewegung, Compact und den Mitgliedern des mittlerweile aufgelösten „Flügels“ der AfD.

Kampfbund gegen den Faschismus

Nachfolgeorganisation des verbotenen Rotfronkämpferbundes, einem paramilitärischen Veteranenverband der KPD. Er bestand ab 1930 und sollte auch ->sozialdemokratische Arbeiter*innen ansprechen. Dies gelang kaum. 1932 gründete die KPD die ->antifaschistische Aktion.

Kapp-Putsch

Der Kapp-Lüttwitz-Putsch vom 13. März 1920 war der Versuch, die Weimarer Republik zu stürzen. Die Putschisten waren Reichswehrangehörige, ehemalige Soldaten, Matrosen und Mitglieder der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). Anführer waren General von Lüttwitz und der Beamte Wolfgang Kapp. Der größte Generalstreik der deutschen Geschichte brachte den Putsch zum Scheitern. Zu diesem Zeitpunkt war das einheitliche Vorgehen der deutschen ->Arbeiter*innenbewegung noch möglich.

Korporation/Korporierte

->Verbindungen/Korporationen/Burschenschaften.

Kommunist*innen

Anhänger*innen der Lehren von Karl Marx und Friedrich Engels. Sie verstehen sich als antikapitalistisch und streben eine gemeinwohlorientierte Produktionsweise an. Die Phase des Umbaus wird als Sozialismus bezeichnet. Viele organsierten sich in der ->KPD und Gewerkschaften.

KPD – Kommunistische Partei Deutschlands

Die Kommunistische Partei Deutschlands wurde 1918 gegründet. Vorausgegangen war eine linke Abspaltung der ->SPD wegen deren Zustimmung zu Kriegskrediten für den 1. Weltkrieg. Damit wurde die in der 1. Internationalen (Zusammenschluss von Arbeiterparteien und -vereinen der ganzen Welt) getroffene Absprache im Kriegsfall alles für den Frieden zu mobilisieren durch die ->SPD aus ihrer Sicht verraten. Ab 1918 kämpfte die KPD für ein kommunistisches Deutschland. In der ->SPD sah sie aufgrund derer Verantwortung im 1. Weltkrieg und deren Niederschlagung der revolutionären Aufstände nach dem 1. Weltkrieg eine politische Gegnerin, der mehr mit dem Faschismus gemein habe als mit dem Sozialismus (dieser Zusammenhang wurde als Sozialfaschismusthese bekannt). 1933 wurde die Partei durch die Nazis, 1956 durch die BRD verboten.

Kurhessen

Das Kurfürstentum Hessen entstand 1803, wurde 1807 durch Napoleon aufgelöst und im Anschluss an die Beschlüsse des Wiener Kongresses 1814/15 wiederhergestellt. 1866 annektierte Preußen das Gebiet.

LDP – Liberal Demokratische Partei

U.a. von Karl Theodor Bleek, dem späteren Bürgermeister Marburgs, gegründete Vorgängerpartei der ->FDP (Freie Demokratische Partei). Bleek verschwieg seine NSDAP-Mitgliedschaft im Entnazifizierungsverfahren. Er gewann mit der LDP die Kommunalwahl und wurde 1947 Vorsitzender der ->FDP-Landtagfraktion. Dort war er dann eines von vielen ehemaligen ->NSDAP-Mitgliedern im hessischen Landtag und speziell der ->FDP.

Marburger Jäger

Das kurhessische Jäger-Bataillon Nr. 11 war von 1866 bis 1919 Verband der Preußischen Armee. Es war mitverantwortlich für eine ganze Reihe historischer Verbrechen. Die Marburger Jäger beteiligten sich u.a. an der Niederschlagung der ->Pariser Commune und des ->Boxeraufstands und am Vernichtungskrieg gegen die ->Herero und Nama. Die Marburger ->SA stellte sich in diese Tradition und benannte sich „SA-Standarte Jäger 11“. Die Kameradschaft Marburger Jäger hat 2003 ein Haus in Bortshausen erworben und ein „Jägerheim“ eingeweiht.

Morde von Hanau

In Hanau wurden am 19. Februar 2020 neun Menschen in einer Shishabar aus rassistischen Motiven ermordet. Der Täter erschoss anschließend seine Mutter und sich selbst. Die Opfer waren Gökhan Gültekin (37), Sedat Gürbüz (29), Said Nesar Hashemi (21), Mercedes Kierpacz (35), Hamza Kurtović (22), Vili Viorel Păun (22), Fatih Saraçoğlu (34), Ferhat Unvar (23), Kaloyan Velkov (33) und die Mutter des Täters Gabriele Rathjen (72).

Morde von Mechterstädt

Das Studentenkorps Marburg (StuKoMa) schloss sich dem ->Kapp-Putsch an, wurde mit Waffen ausgestattet und sollte gegen die in Thüringen von der ->KPD dominierten Arbeiter*innenschaft vorgehen, die den Kapp-Putsch mit Streiks und Straßenkämpfen bekämpfte. Bei Mechterstädt hat das StuKoMa am 25. März 1920 fünfzehn Arbeiter festgenommen und während des Marsches nach Gotha erschossen. Vor Gericht wurden die Beteiligten freigesprochen.

Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund (NSDStB)

1926 gegründete Studentenorganisation der ->NSDAP. 1930 gründet sich die „Arbeitsgemeinschaft nationalsozialistischer Studentinnen“, die aber nur eine randständige Rolle einnimmt. Ab 1933 ist der NSDStB maßgeblich an der Gleichschaltung der Universität und der Verfolgung politisch Missliebiger und „rassisch Unerwünschter” in Studierendenschaft und Hochschulpersonal beteiligt.

Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)

Die neofaschistsiche Terrororganisation tötete zwischen 2000 und 2006 zehn Menschen: Enver Şimşek (38), Abdurrahim Özüdoğru (49), Süleyman Taşköprü (31), Habil Kılıç (38), Mehmet Turgut (25), İsmail Yaşar (50), Theodoros Boulgarides (41), Mehmet Kubaşık (39), Halit Yozgat (21), Michèle Kiesewetter (22). Beate Zschäpe ist zu lebenslanger Haft verurteilt, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt töteten sich selbst. Damit ist der NSU staatlicherseits aufgeklärt. Ihr Unterstützer*innennetzwerk, insbesondere in Polizei und Verfassungsschutz, wurde nie ernsthaft aufgearbeitet.

Naturfreunde

Die Naturfreund*innen waren und sind bis heute eine sozialistischer Kultur-, Umwelt-, Touristik- und Freizeitorganisation der ->Arbeiter*innenbewegung. Historisch diente der Verein Arbeiter*innen zur Erholung vom Dreck und Schmutz der städtischen Industriebetriebe.

Novemberrevolution

->Novemberverbrecher*innen.

Novemberverbrecher*innen

Mit „Novemberverbrecher*innen“ bezeichneten die deutschen Rechtsextremen diejenigen Personen, welche die Revolution, Demokratie und/oder Weimarer Verfassung befürworteten. Am 9. November rief Philipp Scheidemann die Republik in Deutschland aus, während Karl Liebknecht am selben Tag die freie sozialistische Republik Deutschland proklamierte. Am 11. November unterzeichnete Matthias Erzberger als Bevollmächtigter der Regierung das Waffenstillstandsabkommen von Compiègne. Viele dieser als „Verbrecher*innen“ und „Verräter*innen“ bezeichneten Politiker*innen wurden Zielscheiben rechtsextremer Anschläge: Scheidemann überlebte einen Mordanschlag am 4. Juni 1922; Erzberger wurde am 26. August 1921 erschossen; der Anführer der Münchener Räterepublik und erster Ministerpräsident des Freistaats Bayern, Kurt Eisner, überlebte einen Anschlag am 21. Februar 1919 nicht. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden am 15. Januar 1919 ermordet. Unter dem NS-Regime wurden als Novemberverbrecher*innen bezeichnete Feind*innen der Nationalsozialist*innen in Konzentrationslagern festgehalten und ermordet.

NSDAP – Nationalsozialistische Arbeiterpartei Deutschlands

Die Partei gründete sich 1920 und fußte auf Nationalismus und Antisemitismus, sowie der Ablehnung von Demokratie und Marxismus. NSDAP war eine Umbenennung der Deutschen Arbeiterpartei (DAP). Nach dem ->Hitlerputsch wurde die Partei 1923 verboten. 1925 wurde sie neu gegründet, dem Jahr in dem Hitlers „Mein Kampf“ erschien und die NSDAP zur Führerpartei wurde. 1928 gewann sie 2,6 % der Stimmen bei den Reichstagswahlen. Die Anhänger*innenschaft kam zu Beginn vor allem aus der Bauernschaft, von Handwerker*innen, Einzelhändler*innen, Beamt*innen und Student*innen. 1930 stimmten 18,3 % für die NSDAP, zwei Jahre später schon 33,1 %. Am 30. Januar 1933 ernannte Paul von Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Die letzten Reichstagswahlen fanden keine zwei Wochen nach dem ->Reichstagsbrand und der Verfolgung der ->Kommunist*innen statt. Die Faschist*innen bekamen auch dank finanzieller Unterstützung der Großindustrie 43,9 % der Stimmen. Danach begann die uneingeschränkte Herrschaft der Nazis. 1945 wurde die NSDAP verboten. 1952 wurde mit der Sozialistischen Reichspartei (SRP) eine weitere Partei verboten, die sich selbst in die Tradition der NSDAP stellte. 1964 gründete sich die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), die bis heute besteht. Ein Verbotsantrag gegen sie wurde 2017 als unbegründet zurückgewiesen. Die Partei sei zwar wesensverwandt mit dem historischen Nationalsozialismus, stelle aber wegen ihrer Bedeutungslosigkeit keine konkrete Bedrohung der freiheitlich demokratischen Grundordnung dar.

Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse

Die Nürnberger Prozesse umfassen die Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher des 2. Weltkriegs vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Sie wurden zwischen 1945 und 1949 geführt.

Pariser Commune

Die Pariser Commune war ein während des Deutsch-Französischen Krieges gebildeter revolutionärer Pariser Stadtrat. Die Kommunard*innen gestalteten Paris nach sozialistischen Vorstellungen um. Für ->Kommunist*innen ist die Pariser Commune die erste Diktatur des Proletariats bzw. der erste sozialistische Versuch der Welt. Die Pariser Commune wurde mit Hilfe des vorherigen Kriegsfeinds Deutschland zusammengeschossen, um solcherlei Erhebungen der ->Arbeiter*innenbewegung im Deutschen Reich im Vorhinein zu unterbinden.

Pfarrernotbund

Der Pfarrernotbund gründete sich am 21. September 1933. In ihm versammelten sich Gegner*innen der Einführung des ->„Arierparagraphs“ in der evangelischen Kirche. Aus dem Pfarrernotbund entwickelte sich 1934 die ->Bekennende Kirche.

Pogrome

Pogrome sind Ausschreitungen gegen nationale, religiöse oder ethnische Minderheiten. In Deutschland ist oft die ->Reichspogromnacht 1938 gemeint, in deren Folge Synagogen im gesamten Deutschen Reich brannten und Geschäfte verwüstet wurden.

Porajmos

Romanes-Wort, das so viel wie „das Verschlingen“ bedeutet. Bezeichnet den faschistischen Massenmord an ->Sinti*zze und Rom*nja. Hat eine vergleichbare Bedeutung für ->Sinti*zze und Rom*nja wie der Begriff ->Holocaust für Jüd*innen.

Preußen

Preußen wurde 1866 zur Vormacht des Norddeutschen Bundes und 1871 treibende Kraft der Gründung des Deutschen Reichs. Der preußische König Wilhelm I. wurde deutscher Kaiser und Preuße Otto von Bismarck Reichskanzler. Nach dem als „Preußenschlag“ bekannten Putsch der sozialdemokratischen preußischen Regierung 1932 verlor der Freistaat seine Autonomie und wurde wie andere Länder im NS gleichgeschaltet. Preußen war das größte Land des Deutschen Reiches und das letzte sozialdemokratisch geführte. Mit einer Notverordnung wurde Ministerpräsident Otto Braun (SPD) abgesetzt.

Radikalenerlass

Bezeichnet die Überprüfung von Bewerber*innen für den Öffentlichen Dienst auf deren Verfassungstreue ab 1972. Dadurch sollten „Verfassungsfeinde“ aus dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen werden. In der Folge musste nicht mehr der Staat gegenüber seinen Bürger*innen nachweisen, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen haben, sondern umgekehrt mussten nun verdächtige Bewerber*innen im öffentlichen Dienst in Anhörungen ihre Verfassungstreue beweisen. Dabei reichte es unter Umständen aus, auf einer der zahlreichen Friedensdemos nur teilgenommen zu haben oder in einer als „radikal“ eingeschätzten Partei Mitglied zu sein. Konnte die*der Bewerber*in ihre*seine Verfassungstreue nicht nachweisen, konnte sie*er den gewünschten Beruf nicht ausüben. Für studierte Lehrkräfte bedeutete dies nicht nur, dass der Lehrberuf nicht ausgeübt werden konnte, sondern auch, dass die Ausbildung umsonst war. Der Radikalenerlass wurde international stark kritisiert. In keinem anderen europäischen Land gab es ähnliche Verfahren. Insbesondere Frankreich, wo die Sozialdemokrat*innen gemeinsam mit Kommunist*innen die Regierung stellten, übte Druck auf die deutsche Sozialdemokratie aus. 1,4 Mio. Personen wurden überprüft, 1.100 der Eintritt in den öffentlichen Dienst verwehrt. Insgesamt wurden 11.000 Verfahren eingeleitet. 1995 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR ) einer niedersächsischen Lehrerin Recht, die entlassen worden war, weil sie ->DKP-Mitglied war. Die Entlassung verstoße gegen das Recht auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit der Europäischen Menschenrechtskonvention, so das Urteil. Die Klägerin wurde daraufhin rehabilitiert. Sie musste wiedereingestellt und die entgangenen Dienstbezüge samt Pensionsansprüchen nachgezahlt werden.

Reaktion

Bezeichnet gegenrevolutionäre Bewegungen. Historisch bezieht sich der Begriff auf die Gegner*innen der französischen Revolution.

Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold

1924 von ->SPD, ZENTRUM und ->DDP gegründeter Wehrverband zur Verteidigung der Weimarer Republik gegen ihre Feinde. Zu diesen wurde auch die ->KPD gezählt, deren Mitglieder als „rotlackierte Faschisten“ gesehen wurden. Die ->KPD wiederum bezeichnete die ->SPD als „Sozialfaschisten“. 1931 wurde das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Teil des Bündnisses -> Eiserne Front.

Reichspogromnacht

Von den Nationalsozialist*innen als „Reichskristallnacht“ (der Begriff bezieht sich auf die überall verstreuten Glasscherben im Anschluss an Zerstörungen) bezeichnete und von diesen organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Jüd*innen in Deutschland und Österreich. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten im gesamten Deutschen Reich Synagogen und jüdische Geschäfte wurden zerstört.

Reichstagsbrand

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte der Reichstag aufgrund von Brandstiftung. Am Tatort wurde Marinus van der Lubbe festgenommen, dessen behauptete Alleintäterschaft weiterhin kontrovers diskutiert wird. Der Brand diente in der Folge zur Außerkraftsetzung der Grundrechte der Weimarer Republik. Der von der ->NSDAP als „Kampf gegen den Marxismus“ geführte Wahlkampf konnte nun nach dem Verbot der kommunistischen Presse und der Schließung der Parteibüros einfacher geführt werden. Es folgte das Verbot der ->SPD und die Inhaftierung und Ermordung von Funktionär*innen der ->Arbeiter*innenparteien im Anschluss an die Reichstagswahl am 5. März 1933.

Restauration

Wiederherstellung der (Vor-)Kriegsordnung, z.B. durch die Rückgabe der Schwerindustrie in alte Hände. Verhinderung größerer Vergesellschaftungen (Enteignung der Unternehmen und Überführung in Gemeineigentum) etc., entgegen der Forderungen insb. der ->Arbeiter*innenparteien.

Revanchismus

Meint hier speziell den Wunsch, die durch den 2. Weltkrieg abgetretenen Gebiete des Deutschen Reichs wieder einzugliedern. Besonders hervorgetan haben sich hierbei die Verbände der Heimatvertriebenen, die ->Burschenschaften und große Teile der ->CDU/CSU.

Rote Hilfe

Die Rote Hilfe war eine politische Hilfsorganisation, die der KPD nahestand. Sie unterstützte Gefangene aus dem linken Spektrum und bildete zu diesem Zweck Rechtsberatungsstellen. Sie wurde 1933 verboten. Ab 1970 gründeten sich erneut Rote-Hilfe-Gruppen. Die Organisation besteht bis heute.

SA – Sturmabteilung

Die Sturmabteilung war eine auf Hitler eingeschworene Kampforganisation, die sich u.a. aus aufgelösten Freikorps (Organisation ehemaliger Frontsoldaten des 1. Weltkriegs) rekrutierte. Die aufgrund ihrer Uniform als „Braunhemden“ bezeichnete Organisation diente als Ordnertruppe, führte den Straßenkampf gegen ->Sozialdemokrat*innen und ->Kommunist*innen und organisierte Überfälle auf Jüd*innen. 1934 wurde beim sogenannten Röhm-Putsch die Führungsspitze der SA ermordet und verlor stark an Bedeutung.

Schächtverbot

Beim Schächten werden Tiere mit einem speziellen Messer mit einem großen Schnitt quer durch die Halsunterseite getötet. Mit dem Schächten soll das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tieres, sowie ein schneller Tod gewährleistet werden. Der Verzehr von Blut ist im Judentum (wie auch im Islam) verboten. Am 21. April 1933 wurde durch das „Gesetz über das Schlachten von Tieren“ ein Schächtverbot erlassen.

Schlacht bei Tannenberg

Die Schlacht bei Tannenberg (eigentlich bei Hohenstein) vom 26. bis 30. August 1914, hat das Deutsche Reich gegen das Russische Zarenreich gewonnen. Dieser Sieg wurde propagandistisch ausgeschlachtet und sollte die Niederlage des Deutschen Ordens gegen die Polnisch-Litauische Union von 1410 überstrahlen.

Sedantag

Der Sedantag war im Deutschen Kaiserreich ein Gedenktag, der am 2. September an die Kapitulation der Franzosen nach der Schlacht bei Sedan 1870 erinnern sollte. Der Sedantag wurde zum inoffiziellen, weil von Kaiser Wilhelm II. nicht anerkannten, aber von den Deutschen abgehaltenen, nationalen Feiertag.

Schmach von Versailles

->Versailler Vertrag.

Schutzhaft

Beschönigender Begriff für die Inhaftierung politischer Gegner*innen der Nationalsozialist*innen. Begrifflich sollen die Inhaftierten vor der Selbstjustiz des wütenden Volks geschützt werden. Tatsächlich nutzten die Nazis „Schutzhaft“, um auch ohne Gerichtsverfahren Gegner*innen inhaftieren zu können.

Shoah

Das Wort „Shoah“ kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie „Untergang“, „Katastrophe“. Ebenso wie ->Holocaust wird Shoah zur Bezeichnung der Massenvernichtung der europäischen Jüd*innen während der faschistischen Herrschaft verwendet. Der Begriff Shoah bezieht sich vor allen auf die jüdischen Ermordeten. Der Holocaust betraf aber nicht nur Jüd*innen. Auch andere Gruppen fielen ihm zum Opfer, etwa Rom*nja und Sinti*zze, und politische Gefangene. Von diesen Opfergruppen wird das Wort Shoah deshalb teilweise abgelehnt. (Quelle: https//www.demokratiewebstatt.at/thema/thema-holocaust-shoah/shoah-holocaust-churban-was-ist-damit-gemeint) .

Sinti*zze und Rom*nja

Sinti*zze sind eine Teilgruppe der europäischen romanessprechenden Gesamtminderheit der Rom*nja. Die auf dem Welt-Roma-Kongress beschlossene Eigenbezeichnung Sinti und Roma löst die diskriminierende Fremdbezeichnung „Zigeuner*innen“ ab. Der Mord von 500.000 europäischen Sinti*zze und Rom*nja im Zuge des NS-Rassenwahns wird als ->Porajmos bezeichnet.

Sommersonnwendfeier

In vielen Kulturen vorgeschichtlicher Zeit war die Feier der Sommersonnenwende, dem längsten Tag des Jahres bekannt. Gerade im skandinavischen Raum ist Midsommar oder Sankt-Hans auch heute noch ein wichtiger Festtag. In Deutschland reaktivierte die Jugendbewegung der 1920er Jahren die Sonnenwendfeier und entzündete an weithin sichtbaren Plätzen große Feuer. Diese Feste wurden nach 1933 zunächst von der Hitlerjugend, später auch anderen Gliederungen der NSDAP übernommen.

Sozialdemokrat*innen

Teilten in ihrer Gründungszeit die Ziele der ->Kommunist*innen. In der Weimarer Republik versuchten Sozialdemokrat*innen auf parlamentarischem Weg durch Reformen den Sozialismus zu erreichen. Sie lehnten einen revolutionären Umsturz, insb. einen solchen wie er der Sowjetunion voraus ging, ab.

SPD – Sozialdemokratische Partei

Die Vorläuferorganisationen der SPD wurden als marxistische Kampfverbände gegründet. Der Begriff Sozialdemokratie war gleichbedeutend mit Sozialismus/Kommunismus. Dementsprechend wurden die Anhänger*innen von Reichskanzler Bismarck als Reichsfeinde bezeichnet. Die Sozialistengesetze verboten die Betätigung in der Partei und von ihr aufgebauten Gewerkschaften. Die Zustimmung der SPD zu Kriegskrediten für den 1. Weltkrieg führt zu einer Spaltung der ->Arbeiter*innebwegung, die später in der Gründung der ->KPD mündet. In der Weimarer Republik übernimmt die SPD Regierungsverantwortung und zeichnet sich verantwortlich für die Niederschlagung von Arbeiter*innenaufständen, was zu einer immer stärkeren Feindschaft zur ->KPD führte, deren Mitglieder von der SPD als „rotlackierte Faschisten“ gesehen wurden. Die ->KPD sah in der SPD wiederum „Sozialfaschisten“.

SS – Schutzstaffel

In den Verwaltungsbereich der Schutzstaffel fielen ab 1934 Betrieb und Verwaltung der Konzentrationslager und ab 1941 der Vernichtungslager. Sie plante und führte ->Holocaust und ->Porajmos durch. 1925 als persönliche „Leib- und Prügelgarde“ gegründet unterstand sie der ->SA bis zum sogenannten Röhm-Putsch. Sie wurde danach eine eigenständige Organisation, die Kontrolle über das gesamte Polizeiwesen hatte und mit dem Aufbau der Waffen-SS eine militärische Funktion neben der Wehrmacht übernahm.

Staatspolitischer Ausschuss Marburg

Der Staatspolitische Ausschuss wurde am 26. April 1945 gegründet und sollte die Stadtverwaltung von nationalsozialistischen Einflüssen säubern. Am 26. April wurde Ludwig Mütze zum Staatspolitischen Referenten ernannt und erhielt die Kompetenz, Nationalsozialist*innen aus ihren Stellungen zu entlassen und selbstständig Ermittlungen über nationalsozialistische Umtriebe in Marburg anzustellen. Zudem sollte er aus Vertretern aller ehemaligen Parteien, außer der ->NSDAP und der DNVP, einen Ausschuss bilden. Dieser wuchs bis Anfang Mai auf 20 Mitglieder an, von denen acht der späteren ->KPD, sechs der ->SPD, vier der ->LDP und zwei keiner politischen Partei nahestanden.

Stolpersteine

Seit 1995 verlegt der Kölner Künstler Gunter Demnig auf Plätzen und Bürgersteigen vor den ehemaligen Wohnhäusern von Opfern des Nationalsozialismus 10-Mal-10-Zentimeter große Betonquader mit einer eingelassenen Messingplatte. Darauf sind Name, Geburtsjahr, Tag der Deportation und Todesdatum eingraviert.

Verbindungen/Korporationen/Burschenschaften

In der Regel handelt es sich um männerbündische Studentenverbindungen. Historisch schwankten Burschenschaften zwischen völkischem Nationalismus und Liberalismus. Viele Burschenschaften schlossen sich früh den Nationalsozialist*innen an, deren politisches Ziel eines Großdeutschlands und deren Antisemitismus sie teilten. NS-Größen wie Heinrich Himmler und Ernst Kaltenbrunner waren Burschenschafter. 1996 grenzten sich gemäßigtere Burschenschaften in Form eines neuen Dachverbands namens „Neue Deutschen Burschenschaft“ (NDB) vom weiterhin bestehenden Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ (DB) ab. Letztere hat durch öffentlichen Diskussionen um „Ariernachweise“ in den 2010er Jahren weitere Verbünde verloren. Ein Teil der ausgetretenen Bünde ist verbandsfrei.

Versailler Vertrag

Der Friedensvertrag von Versailles beendete den 1. Weltkrieg völkerrechtlich. Unter Protest unterschrieb Deutschland den Vertrag im Spiegelsaal von Versailles. Er hatte erhebliche Folgen für die deutsche Wirtschaft. Unter dem Schlagwort „Versailler Diktat“ wurde gegen Reparationsforderungen und Demontage mobilisiert. Als „Schmach von Versailles“ wurden die im Vertrag Deutschland zugeschriebene Alleinschuld am 1. Weltkrieg sowie die als ungerecht empfundenen Maßnahmen bezeichnet.

Wiederbewaffnung

Bezeichnet die Einführung militärischer Strukturen in BRD und DDR. 1955 wurde die Bundeswehr in der BRD und 1956 die Nationale Volksarmee in der DDR gegründet.