Widerstand in Hessen
Lore Wolf
In Frankfurt wurde der antifaschistischen, kommunistischen Widerstandskämpferin Lore Wolf gedacht. Ihrem Andenken ist nun auch eine Wandtafel gewidmet.
Für die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) tippte sie Aufrufe und Flugblätter und sammelte Geld. Kurz danach wurde sie Mitglied der „Roten Hilfe“, stieg schnell auf: „Als einzige Frau wurde sie in die Bezirksleitung gewählt, das zeigt, was für eine starke Frau sie war“, sagt Beck. Als ihr Mann, mit dem sie eine Tochter hatte, von den Nazis inhaftiert wurde, floh Wolf zunächst ins Saarland und später nach Paris. Dort traf sie die Mainzer Schriftstellerin Anna Seghers, für die sie das Manuskript des Romans „Das siebte Kreuz“ aufschrieb. „Eine lebenslange Freundschaft verband die Frauen“, sagt Beck. Mehrmals wurde Wolf inhaftiert, unter anderem saß sie auch im Zuchthaus im nordhessischen Ziegenhain.
Wolfgang Abendroth
Wir wollen euch hier zukünftig unregelmäßig hessische Widerstandskaempfer gegen den Faschismus vorstellen. Heute:
Wolfgang Abendroth!
Er war Widerstandskämpfer, unter anderem Mitglied des berüchtigten Strafbataillons 999, war ein sozialistischer deutscher Politologe und Rechtswissenschaftler, Begründer der Marburger Schule.
Abendroth entwickelte umfassende Vorstellungen zur Demokratisierung der Hochschule. Abendroth ließ nichts unversucht, Exilanten und Widerstandskämpfer wie Karl Korsch, Herbert Marcuse oder Leo Kofler bei der Besetzung von Lehrstühlen in die Diskussion zu bringen.
Zu den wichtigsten Publikationen Abendroths gehören „Die deutschen Gewerkschaften“ (1954), „Aufstieg und Krise der deutschen Sozialdemokratie“ (1964), „Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbewegung“ (1965), „Wirtschaft, Gesellschaft und Demokratie in der Bundesrepublik“ (1965) und „Das Grundgesetz. Eine Einführung in seine politischen Probleme“ (1966).
Abendroth gilt als einer der wichtigsten Befürworter der studentischen Rebellion der 1960er Jahre, obwohl er nie mit revolutionären Bestrebungen einer (intellektuellen) Minderheit einverstanden war. Seine Hoffnungen galten stets einer Revolutionierung der Arbeiterbewegung. Er war der VVN-Bund der Antifaschisten stets verbunden und ihr ein wichtiger Ratgeber.
Georg Buch
Georg Buch wurde am 24.September 1903 in Wiesbaden geboren. Nach der Volksschule absolvierte er eine Lehre als Schriftsetzer und engagierte sich in der Jugendorganisation des Verbandes der Deutschen Buchdrucker. Nach der Lehre, unterbrochen durch Wanderschaft, arbeitete er als Buchdruckergehilfe und Schriftsetzer und bildete sich in den Jahren 1929/30 an der Akademie der Arbeit in Frankfurt fort. 1933 wurde Georg Buch Stadtverordneter und Vor-sitzender der SPD in Wiesbaden. Vom 14. bis 28. September wurde er von den Nazis in „Schutzhaft“ genommen. Danach verdiente er seinen Lebensunterhalt als Vertreter. Von 1940 bis 1941 war er Imprägnierer und damit u.a. auch Bauführer im Bereich des Luftgaus Westfrankreich in La Rochelle. Er trotzte der Verfolgung, indem er einen Teil seiner früheren Jugendgruppe als oppositionelle Gesinnungsgemeinschaft organisierte. Er hielt den Kontakt zu weiteren Regimegegnern in und um Wiesbaden aufrecht.
Eine Denunziation führte Anfang 1941 zu seiner Festnahme und der seines Widerstandskreises. Weitere Personen, darunter auch seine spätere Ehefrau Anna Ebert, wurden ebenfalls verhaftet. Zwischen 1941 und 1945 befand er sich wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ in verschiedenen Gefängnissen in Untersuchungs- und Strafhaft und wurde im KZ SS-Sonderlager Hinzert und im KZ Sachsenhausen interniert.
Am 23. April 1945 wurde er befreit und schlug sich durch das zerstörte Deutschland nach Wiesbaden durch. Er engagierte sich sofort wieder in der SPD, in der Kommunalpolitik und bald auch auf Landesebene.
Er war einer der Gründungsmitglieder der VVN in Hessen und Präsidiumsmitglied des Lagerkomitees Sachsenhausen.
Mehr: https://hessen.vvn-bda.de/georg-buch/
Emil Carlebach
Am 10. Juli 1914 wurde Emil Carlebach in Frankfurt am Main in einer bürgerlichen, jüdischen Familie geboren. Er besuchte die Samson-Raphael-Hirsch-Realschule und später die Klinger-Oberrealschule. Hier absolvierte er das Abitur und begann im Mai 1932 eine Lehre in einer Frankfurter Ledergroßhandlung. Am gleichen Tag trat er in den Zentralverband der Angestellten (ZdA) ein, noch 1931 war er Mitglied im Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD) geworden.
Schon vor der Machtübertragung an Adolf Hitler und die NSDAP war Emil Carlebach mit seiner Gewerkschaftsjugendgruppe, dem KJVD und der KPD in Frankfurt antifaschistisch aktiv. Er gehörte zu denjenigen Gewerkschaftern, die der vorherrschenden Haltung, den drohenden Faschismus zu bagatellisieren, entgegentraten. (…) Am 11. Januar 1934 wurde Emil Carlebach wegen der Herstellung und Verbreitung antifaschistischer Zeitungen zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der regulären Haft in verschiedenen Gefängnissen wurde er 1937 in das Konzentrationslager Dachau verbracht und war ab 1938 bis zur Selbstbefreiung des KZ in Buchenwald inhaftiert.
In der internationalen illegalen Widerstandsorganisation des Konzentrationslagers arbeitete er in verantwortlichen Positionen. Er gehörte zu den Häftlingen, die das Signal zum Aufstand am 4./5. April 1945 gaben und das Lager mit den befreiten Gefangenen und festgenommenen SS-Wachleuten am 11. April 1945 den heran rückenden amerikanischen Einheiten übergaben.
Er war darüber hinaus vielfach publizistisch aktiv, unter anderem als Chefredakteur der VVN-Wochenzeitung „Die Tat“. Nach dem Verbot der KPD (1956) lebte Emil Carlebach mehr als zehn Jahre in der DDR um der drohenden Verfolgung und erneuten Inhaftierung in der BRD zu entgehen. Hier arbeitete er für den „Deutschen Freiheitssender 904“ der KPD. 1969 kehrte er nach Frankfurt am Main zurück und war in verschiedenen Funktionen in der VVN-BdA, der DKP und der Deutschen Journalisten-Union (dju)
Joseph Cornelius Rossiant
Katholischer Widerstand: Kaplan Rossaint »Prozess gegen Kaplan Rossaint enthüllt Zusammenarbeit ehemaliger Katholiken mit KPD. Dieses Gezücht muss mit Stumpf und Stil ausgerottet werden«, schrieb Joseph Goebbels, Reichsminister für Propaganda des faschistischen Regimes, am 10. April 1937 in sein Tagebuch. Und am 23. April: »Strafantrag gegen Rossaint 15 Jahre Zuchthaus. Hoffentlich bekommt das Schwein sie auch tatsächlich.« Goebbels Tiraden lassen erkennen, welche Bedeutung das Regime diesem Dr. Joseph Cornelius Rossaint beigemessen hatte, der am 5. August 1902 in Herbesthal/Kreis Eupen (Belgien) geboren und nach dem Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und Theologie 1927 zum Kaplan in Oberhausen und ab 1932 in Düsseldorf bestellt worden war. Seit dem 7. April 1937 stand der 35 jährige Geistliche, dieses »auszurottende Gezücht« nun vor den Schranken des obersten Blutgerichts des faschistischen Regimes, des »Volksgerichthofes« beschuldigt der »versuchten Bildung einer Einheitsfront zwischen Katholiken und Kommunisten«.
Der junge Rossaint hatte sich, was in einer Arbeiterstadt wie Oberhausen unumgänglich war für einen Geistlichen, der seinen Auftrag ernst nahm, für sozial benachteiligte und arbeitslose Jugendliche eingesetzt. Selbstverständlich kam es dabei zu Kontakten mit dem Kommunistischen Jugendverband (KJVD). Diese Verbindung hielt er nach der Machtübertragung an die von ihm schon vor 1933 bekämpfte faschistische NSDAP aufrecht. Rossaint traf sich mit führenden Kommunisten wie Max Reimann und Ewald Kaiser, dem Vertreter des KJVD im französischen Exil. Immer ging es um die Gemeinsamkeit im Kampf gegen die Faschisten.
1946 gründet er den „Bund Christlicher Sozialisten“ und kämpft gegen die früh erkannte Restauration, bis der Bund von der Adenauer-CDU an die Seite gedrückt wird. 1947 findet er seinen politischen Ort in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), ab 1961 in dessen Präsidium und ab 1971 bis 1990 als Präsident des VVN/BA (Bund der Antifaschisten). In der „Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer“ (FIR) ist er führend tätig und im Ausland geschätzt und anerkannt. Und wieder wird er verfolgt.
Ria Deeg
Ria Deeg wurde am 2. Oktober 1907 in Dudenhofen geboren. Sie trat 1923 in die Sozialistische Arbeiterjugend, 1925 in die SPD und in die Gewerkschaft ein. 1932 verließ sie die SPD und wurde Mitglied der KPD. Im selben Jahr begann sie ihre Arbeit bei der KPD-Regionalzeitung Gießener Echo.
Nach der Machtübertragung an die Nazis verteilte sie Flugblätter und Zeitungen, sammelte Geld und Lebensmittel für die Rote Hilfe zur Unterstützung der Familien Verhafteter. Nachdem die illegale Bezirksleitung der KPD verhaftet worden war, arbeitete sie weiterhin illegal, meist unter abenteuerlichen und gefährlichen Umständen. So versteckte sie z.B. die Schreibmaschine, mit der sie ihre Flugblätter schrieb, in der Schublade eines SA-Mannes, der bei ihrer Mutter zur Untermiete wohnte. Im November 1934 wurde sie verhaftet und im Juli 1935 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 38 Monaten Haft verurteilt. Nach ihren Haftstrafen in Gießen, Darmstadt, Mainz und Aichach/Oberbayern stand sie unter Polizeiaufsicht, musste sich dreimal wöchentlich melden und ihren Hausschlüssel abgeben, stand unter Hausarrest und durfte die Stadt nicht verlassen.
Sie war Mitbegründerin der VVN in Hessen 1947. Zeitlebens beteiligte sie sich aktiv an antifaschistischem Aktionen gegen alte und neue Nazis und berichtete als Zeitzeugin vor Schulklassen und Organisationen über ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit der NS-Zeit.
Mehr: https://hessen.vvn-bda.de/ria-deeg/ und in einer Broschüre der DKP Gießen, dkpgiessen@aol.com.
Otto Ebel
Otto Ebel (1910 bis 1994) wurde am 16. November 1910 in Heubach/Miltenberg in Main-Franken geboren.
1928 trat er aus der Katholischen Kirche aus und wurde im gleichen Jahr Mitglied der KPD. Über sein Schicksal während des Hitlerfaschismus hat er einen Bericht geschrieben (36 Jahre später), aus dem wir im Folgenden zitieren: „Wir versuchten in illegaler Arbeit die Organisation aufrecht zu erhalten und die Menschen durch Druckschriften aufzuklären. Nach dem Reichstagsbrand 1933 verbreiteten wir Aufklärungsschriften mit der mutigen Rede des bulgarischen Angeklagten Dimitroff vor dem Reichsgericht gegen das System und die Lügen, dass Kommunisten den Reichstag angesteckt hätten. Dabei ist meine Schwester Luzia verhaftet (…) worden (…)“ Später wurde auch Otto Ebel verhaftet: „Ich wurde mit der Bahn auf Schub mit noch zwei anderen Gefangenen ins KZ gebracht (…) bei diesem Stand des Kriegsgeschehens konnte ich nicht weit nach Osten hin transportiert werden. Es ging also nach Berlin ins KZ Sachsenhausen.“ Wie für viele war es eine Odyssee, bis er endlich wieder in Frankfurt war.. Er blieb Mitglied der KPD, ab 1968 bis zu seinem Tod Mitglied der DKP. Seit Gründung der VVN war er auch dort Mitglied. 1991 wurde ihm die Johanna-Kirchner-Medaille der Stadt Frankfurt verliehen.
Mehr unter: https://hessen.vvn-bda.de/otto-ebel/
Ettie und Peter Gingold
Peter Gingold (1916 – 2006) wurde am 8. März 1916 in Aschaffenburg geboren, siedelte die Familie schon bald nach Frankfurt Peter besuchte in Frankfurt die Schule, erlernte seinen Beruf und kam hier aber auch in Kontakt zur Arbeiterjugendbewegung, wurde Mitglied in der Gewerkschaftsjugend und im kommunistischen Jugendverband.
Als der Faschismus an die Macht gebracht wurde, entschied sich die Familie zur Emigration nach Frankreich, für jüdische Menschen und politische Gegner wurde das Leben im Deutschen Reich zunehmend risikoreich.
Im Paris vollzog er zwei grundlegende Entscheidungen für sein Leben, zu denen er bis zu seinem Tode stand – eine politische und eine private:
Die politische Entscheidung war sein Beitritt 1937 zur kommunistischen Partei, zur KPD. Obwohl der Faschismus in Deutschland zu dem Zeitpunkt recht fest im Sattel saß, war es Peters feste Überzeugung, dass diese Herrschaft nicht von Dauer sein würde und die kommunistische Idee auch in Deutschland siegen werde. Diese Partei blieb – trotz mancher Debatten, die er in den folgenden Jahrzehnten auch in den eigenen Reihen hatte, und vielerlei Anfeindungen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde – seine politische Heimat bis zu seinem Tode.
Die persönliche Entscheidung war seine Verbindung mit Ettie Stein-Haller, seiner großen Liebe, einer Rumänin, die er in Frankreich in der politischen Jugendbewegung gefunden hat und mit der er seit 1940 zusammen lebte, kämpfte und glücklich war. Diese Liebe trug auch ihn bis zum Schluss, eine Liebe, aus der die beiden Töchter, Alice und Silvia, hervorgegangen sind.
Auch die Arbeit von Peter in den Reihen der französischen Resistance brachten oft längere Abwesenheiten. Zumeist gelang es ihm, dem faschistischen Terror zu entkommen, jedoch wurden bei einer Razzia gegen jüdische Bürger zwei Geschwister von Peter verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo sich ihre Spur verliert.
Auch Peter wurde durch einen Spitzel verraten und geriet 1943 in die Fänge der Gestapo. Viele von euch kennen den spannenden Bericht seiner Flucht am 23. April 1943 durch die Tür am Boulevard St. Martin Nr. 11, ein Datum, was Peter später als seinen zweiten Geburtstag bezeichnete.
Wieder in Freiheit beteiligte er sich gemeinsam mit seinen Genossen und Kameraden am Aufstand 1944 von Paris und ging anschließend zur Unterstützung der italienischen Resistenza, wo er mit italienischen Partisanen in Turin den Tag der Befreiung am 8. Mai 1945 erlebte. Er bezeichnete diesen Tag als “Das Morgenrot der Menschheit”. 1945 kehrte Peter nach Frankfurt/M. zurück.
Als Kommunist erlebte er 1956 nach dem KPD-Verbot eine erneute Illegalisierung und Verfolgung durch den Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit. Damit besaß er z.B. keine legale Möglichkeit, sich mit seiner Familie und seinen Mitstreitern aus der Résistance in Frankreich zu treffen. Alle Versuche in den folgenden Jahren, sich ordnungsgemäß einbürgern zu lassen, scheiterten am damaligen Bundesinnenminister Genscher. Erst Anfang der 70er Jahre, als auch die Presse diesen Fall kritisch aufnahm, wurde die Familie eingebürgert. Doch damit war die Verfolgungssituation nicht beendet. Nun wurde die zweite Tochter Silvia, die Lehrerin werden wollte, von der hessischen Landesregierung mit Berufsverbot belegte. Peter Gingold ging daraufhin in die Offensive:
Peter Gingold wurde ein gefragter Zeitzeuge, der aus seinem Erleben politische Konsequenzen für einen anderen Umgang mit Geschichte und Erinnerung sowie mit der Losung „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“ einforderte. In den 1980er Jahren kämpfte er gemeinsam mit Gewerkschaftern und jungen Antifaschisten gegen die „Aktionäre des Todes“ der „IG Farben AG in Auflösung“. Mehrfach trat er selbst auf den Aktionärsversammlungen auf und klagte die Aktionäre an, Profite mit dem Blut der Opfer von Auschwitz zu machen.
Ettie Gingold (1913 – 2001) lernte ihren Mann Peter 1936 in der Emigration in Frankreich kennen, wo sie im Januar 1940 heirateten. Ettie Gingold engagierte sich in der Widerstandsbewegung gegen Faschismus und Krieg. Als in der Bundesrepublik Deutschland mit der Remilitarisierung, Rüstung und darauf folgend mit der Stationierung von Atomwaffen und Raketen begonnen wurde, gehörte Ettie Gingold zu den aktivsten Gegnerinnen jeder Rüstungs- und Kriegspolitik. Sie sammelte als einzelne Person die meisten (12.000) Unterschriften unter den Krefelder Abrüstungsappell. Zusammen mit Heinrich Böll, Willy Brandt und Petra Kelly gehörte sie zu den Hauptredner / innen auf der legendären Großkundgebung der Friedensbewegung 1983 im Bonner Hofgarten.
Mehr unter:
https://hessen.vvn-bda.de/peter-gingold/
https://hessen.vvn-bda.de/ettie-gingold/
http://www.gingold-initiative.de/
Irmgard Heydorn
Hessischer Widerstand: Irmgard Heydorn – »Es gibt eine Sache, von der bin ich überzeugt und da bin ich stur – dass die Welt, so wie ich sie mir vorstelle, besser ist, als die Welt, so wie sie ist.«
(Persönliches Gespräch)
Irmgard Heydorn wurde 1916 als Irmgard Hose in Hamburg geboren. Sie wuchs in einem liberalen Elternhaus auf und hatte schon früh ihren Großvater mit seinen sozialistischen und pazifistischen Einstellungen zum Vorbild.
Kontakt zur Widerstandsgruppe des Internationalen Sozialistischen Kampfbunds, kurz ISK, bekam sie über die Arbeit in einem Bankhaus eines jüdischen Bekannten ihres Vaters. Dieser hatte Deutschland erst auf Drängen ihrer Familie verlassen, da er nicht glauben konnte, dass er als deutschnational eingestellter Bürger, dessen Vater im Ersten Weltkrieg das Eiserne Kreuz erster Klasse verliehen bekommen hatte, in Deutschland verfolgt werden würde. Die rechtzeitige Emigration nach Amerika rettete ihn vor der drohenden Verfolgung und Lebensgefahr in Deutschland. In eben diesem Bankhaus lernte Irmgard Heydorn Käte Zink kennen, die bereits im ISK arbeitete.
Schnell entstand ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden und Irmgard Heydorn wurde bald in die Hamburger Gruppe des ISK aufgenommen. Dort war sie von 1936 bis 1945 tätig und leistete mit dem Ziel, die Nazis zu schwächen und die Regierung zu stürzen, Aufklärungs- und Sabotagearbeit.
Dabei riskierte sie in ihrer Widerstandsarbeit ihr Leben: 1943 versteckte sie einen geflohenen Gefangenen, der später gefasst und hingerichtet wurde, in der Zeit des Krieges gab sie in verschlüsselten Briefen wichtige Informationen an die Alliierten weiter und ihre Mutter enttarnte einen Spitzel der Nazis, von dem schon viele Mitglieder des ISK verraten worden waren.
Als 1945 die Alliierten endlich Hamburg eroberten, war es für Irmgard Heydorn im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen in Deutschland eine Befreiung. Im gleichen Jahr gründete sie gemeinsam mit anderen WiderstandskämpferInnen eine freie sozialistische Gewerkschaft, um die Bildung nachzuholen, die ihnen in den 12 Jahren Nazi-Herrschaft nicht möglich war und um wieder offen politische Arbeit leisten zu können.1946 gehörte sie zu den MitbegründerInnen des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) Hamburg, trat der SPD bei und arbeitete bei den Verlagen Öffentliches Leben und Europäische Verlagsanstalt. In dieser Zeit begann sie auch ein Studium der Nationalökonomie, genau wie ehemals Rosa Luxemburg, die für die Wahl des Studiengangs Vorbild war.
Gemeinsam mit Heinz Joachim Heydorn, den sie 1951 heiratete und mit dem sie eine gemeinsame Tochter bekam, ging sie nach Frankfurt am Main. Dort erhielt Heinz Heydorn 1961 eine Professur für Erziehungs- und Bildungswesen. Ebenfalls 1961 wurden beide aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Förderkreis des SDS aus der SPD ausgeschlossen. Von da an war Irmgard Heydorn in der Friedensbewegung aktiv, protestierte gegen die Remilitarisierung Deutschlands, arbeitete bei Amnesty International und engagierte sich in der Volkshochschul-Arbeit.
Am 17. Mai 2017 verstarb Ingrid Heydorn im Alter von 101 Jahren in Frankfurt am Main.
Mehr unter: http://eine-ausnahme.de/irmgard-heydorn | https://hessen.vvn-bda.de/irmgard-heydorn/
Denis Goldberg
Denis Goldberg. Er war einer der führenden Kämpfer gegen das Apartheidsregime in Südafrika und engster Weggefährte Mandelas.
Denis Goldberg war 1933 in Kapstadt in einer kommunistischen Familie geboren worden. Zu seiner Kindheit gehörten früh Debatten über den deutschen Faschismus, über den Krieg Japans gegen China und den gegen die Sowjetunion.
Als der ANC nach dem von Polizeitruppen verübten Massaker von Sharpeville zum bewaffneten Widerstand überging und 1961 »Umkhonto we Sizwe« (Speer der Nation) als Militärabteilung gründete, fragte Mandela den jungen Ingenieur, ob er die Brücken, die er baue, auch in die Luft jagen könne. Er konnte. Bereits 1963 aber wurde die Umkhonto-Führung verhaftet und im Rivonia-Prozess abgeurteilt. CIA und britischer MI 6, soviel ist heute bekannt, hatten ihren Anteil an der Verhaftung und daran, dass kein Todesurteil verhängt wurde – Menschenhandel unter Imperialisten.
Die Überwindung der Apartheid blieb für ihn ein historischer Sieg, Voraussetzung für sozialen Fortschritt trotz aller Fehlentwicklungen. Gegen sie erhob er zuletzt seine Stimme. Aus: https://www.jungewelt.de/artikel/377526.nachruf-denis-goldberg-geduld-und-z%C3%A4higkeit.html
Er war über lange Jahre Mitglied der Leitung der FIR, des Präsidiums der VVN/BdA und Sprecher der Gemeinschaft der republikanischen Spanienkämpfer in der BRD, ab 1969 Mitglied der DKP. Er wohnte in Frankfurt am Main und war mit Anneliese, geborene Brandlhuber, verheiratet. Willi Höhn starb am 4. Juli 1981 in Bad Hersfeld.
Mehr unter: https://hessen.vvn-bda.de/willi-hoehn/
Geboren wurde Käthe Jonas 1902 in Dörnigheim am Main, einer ländlich geprägten Gemeinde zwischen #Hanau und #Frankfurt am Main. Sie war das vierte von sechs Kindern einer #Arbeiterfamilie. Nach dem Abschluss der achtjährigen Volksschule begann sie im Alter von 14 Jahren als #Arbeiterin in einer Munitionsfabrik in Frankfurt-Fechenheim zu arbeiten. Für eine Ausbildung reichte das Geld ihrer Familie nicht aus.
Zu den Wahlen im März 1933 kandidierte Käthe auf der Liste der #KPD für den Kreistag in Hanau und für die Gemeindevertretung in Dörnigheim. Dies war der Anlass für ihre erste Verhaftung. Sie wurde über die März-Wahlen hinweg vier Wochen lang im Gefängnis Frankfurt-Preungesheim festgehalten.
1935 wurde Käthe zusammen mit 88 Bürgerinnen und Bürgern aus der Stadt und dem Kreis Hanau wegen Vorbereitung zum #Hochverrat angeklagt. Hauptpunkt der Anklage war die Verbreitung illegaler Schriften. Käthe wurde zu drei Jahren #Zuchthaus verurteilt.
Sie wurde 1938 aus dem Zuchthaus entlassen.
Unmittelbar nach dem Attentat auf #Hitler im Juli 1944 wurde Käthe erneut verhaftet und in das Frauen-KZ #Ravensbrück gebracht. Die #Befreiung erlebte sie auf dem #Todesmarsch.
Nach Kriegsende gehörte Käthe zu den Ersten, die das Gemeinwesen in Dörnigheim wiederaufbauten. Bis zum Verbot der KPD war sie Mitglied der Gemeindevertretung. Dem Vermächtnis der Opfer des Naziregimes und den sozialen Belangen der Verfolgten widmete Käthe einen großen Teil ihrer Zeit und ihrer Kraft. Käthe gründete die #VVN im Kreis Hanau mit. Sie gehörte dem Kreisvorstand der VVN Hanau und dem Landesvorstand der VVN Hessen an.
1946 fand Käthe eine Anstellung als Sachbearbeiterin in der Betreuungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte des Landkreises Hanau. Diese Dienststelle wurde jedoch schon im Jahre 1952 aufgelöst. Nach zähen Auseinandersetzungen schaffte es Käthe, von der Stadt Hanau als Angestellte übernommen zu werden.
Es wirft ein besonderes Licht auf die politischen Verhältnisse in der #BRD in den 60er Jahren, dass zeitgleich zum Aufbau der Lagergemeinschaft die Staatsanwaltschaft erneut gegen Käthe ermittelte, dieses Mal wegen „staatsabträglicher Verbindungsaufnahme“.